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Ein Kuckuck in Odenkirchen

Heute gegen 19:00 Uhr beobachtete ich auf dem Odenkirchener kath. Friedhof zunächst einige Minuten einen Grünspecht auf dem Boden, dann einen Buntspecht, der auf einem hohen exotischen Baum seine Jungen in einer Baumhöhle versorgte.

 

Dann kam wie aus dem Nichts ein taubengroßer Vogel und besetzte die Spitze des Baumes. Im ersten Augenblick konnte ich den Vogel aus rund 30 Metern nicht sofort zuordnen. Ich nahm mein Fernrohr und erkannte an der Sperberung seines Gefieders und an seiner Haltung bzw. Silhouette, dass es sich um einen Kuckuck handelte, der die Gegend ausspionierte.

 

Nach ein paar Minuten legte er vom Baumwipfel mit dem Rufen los und ich zählte zunächst 94 Rufe, einige Minuten später 25 weitere Rufe und nach einer Weile nochmals 11. Das war definitiv ein Rekord, so dachte ich, denn so viele Rufe hatte ich in Summe in den letzten 20 Jahren nicht mehr vernommen. Falsch gedacht! Ich stöberte in meiner alten Literatur und las folgendes: „Am 18.06.1960 brachte es an jenem wunderschönen Frühlingsmorgen ein auffallend ruffreudiger Kuckuck im Meinweg auf eine ununterbrochene Reihe von 220 Rufen – eine außergewöhnlich Leistung, da schon 100 Rufe eine absolute Seltenheit sind.“ War nix mit meinem Rekord!

 

Nach dem Rufen musste ich an meine Kindheit denken. Wenn wir damals den Kuckuck hörten, dann sagten sich die Leute, man soll auf seine Tasche klopfen und sein Geld zählen, damit man das ganze Jahr über nicht in Geldsorgen gerät. Oder man zählt die Anzahl der Rufe, die einem dann sagen, wieviel Jahre man noch lebt. Also in meinem Fall, ich weiß nicht, da kann was nicht stimmen...

 

Und einen Reim kennen die Älteren von uns vielleicht auch noch, wenn Leichtgläubige das Orakel befragten, denn Freund Kuckuck wurde ja auch mit dem Jenseits in Verbindung gebracht:

 

 

Kuckucksknecht, sag mir doch,

wieviel Jahre leb ich noch?

Belüg mich nicht, betrüg mich nicht,

sonst bist du der rechte Kuckuck nicht.

 

 

Wie soeben gesagt, ich befand mich ohnehin auf dem Friedhof und in meinem Alter wollte ich mich dann doch lieber nicht ans Orakel wenden. Bin einfach schnell dort wieder abgehauen.

 

Ludwig Winkens