Der Kolkrabe

Der König der Rabenvögel ist wieder da

Umrankt von Mythen und Märchen sagte man dem klugen, gelehrigen und äußerst misstrauischen Kolkraben im Mittelalter übernatürliche Kräfte nach. Der mächtige Kolkrabe, größer als ein Bussard, galt in der germanischen Mythologie als weiser Berater und treuer Begleiter des Kriegs- und Totengottes Odin.

 

Leider wurde der reckenhafte Vertreter des alten germanischen Urwaldes bereits im Mittelalter gnadenlos bejagt und in weiten Teilen Europas ganz ausgerottet. Nicht zuletzt deshalb, weil er als Aasfresser früher nicht selten an Galgen- und Richtstätten zu finden war, um sich dort über die zur Abschreckung oft tagelang am Galgen hängenden leblosen Körper herzumachen. Ab Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts war der äußerst misstrauische Kolkrabe in Mitteleuropas freier Wildbahn so gut wie ausgerottet. Nur am Rande der Alpen und in Schleswig soll es noch vereinzelte Exemplare gegeben haben. Der frühere Erkelenzer Ornithologe E. Knorr (*1885 +1979) hatte in einer seiner Aufzeichnungen vermerkt, dass es um 1850 womöglich noch ein vereinzeltes Rabenpaar in unseren größeren Waldgebieten des Grenzlandes (Schwalm/Nette) gegeben hat.

 

Unerwartet und zum Erstaunen der hiesigen Naturfreunde ist der imponierende Kolkrabe wie aus dem Nichts plötzlich wieder da. Ein Pärchen wurde vor geraumer Zeit in der Nähe des verlassenen HQ-Geländes, aber auch in der näheren Umgebung mehrfach gesichtet. Bleibt sehr zu hoffen, dass es sich bei dieser unerwarteten Beobachtung nicht um eine absolute Ausnahme handelt und der sehr scheue Kolkrabe bei uns wieder eine echte Chance zum Überleben erhält. Es sollte ihm jedenfalls nicht so ergehen wie dem sprichwörtlichen Unglücksraben Hans Huckebein (Wilhelm Busch), der alte Schlingel, der zuletzt selbst schuld an seinem Untergang war. Ebenso sollten wir das von Tiervater Alfred Brehm verfasste Resümee über den Kolkraben nur belächeln, was schlicht und einfach dem damaligen Zeitgeist entsprach, als er u.a. folgendes schrieb: „Es unterliegt leider keinem Zweifel, dass der Kolkrabe durch seine Raubsucht sehr schädlich wird und deshalb nicht geduldet werden darf. Auch er bringt Nutzen wie die übrigen Krähen; der Schaden aber, den er anrichtet, überwiegt alle Wohltaten, welche er dem Felde und Garten zufügt.“

 

Text: Ludwig Winkens, 11/21
Fotos: Willi Eckers

Steckbrief

Größe Körperlänge um 63 cm; Gewicht über 1,2 kg
Nahrung Vor allem Aas,  aber auch verschiedenste Insekten, Würmer, kleine Säugetiere wie Mäuse, die er mit seinem starken Schnabel erlegen kann und pflanzliche Kost. Früher wurde Kolkraben sogar die Tötung neugeborener Lämmer nachgesagt.
Brut Kolkraben leben in Einehe und ein einmal gewählter Horst wird jahrelang benutzt. 3 bis 6 Eier.
Vorkommen Bewohnt Gebiete von der Tundra bis zur Wüste; bevorzugt weite Auenwaldgebiete.
Stimme Meist ist vom Kolkraben ein tiefes „krorrrk“ zu hören.