Die äußerlich unauffällige „Königin der Nacht“ ist vermutlich der bekannteste Singvogel und mit klarem Abstand auch der beste Sänger in der Vogelwelt unserer Heimat. Die Nachtigall, mundartlich bei uns früher „de Naitijall“ oder wegen fuchsroter Teile ihres Gefieders „en Vuss“ genannt, gilt als Frühlingsbote und als Symbol der Liebenden.
Ihr vielgestaltiger Gesang, der bis zu 260 Strophentypen zu verschiedenen Gefühlslagen beinhaltet, inspirierte Komponisten wie Beethoven, Liszt und Strauß sowie zahlreiche Dichter aus der Epoche der Romantik (1795 – 1840) bei ihren Werken. Obwohl die Nachtigall auch tagsüber singt, hinterlässt ihr Konzert mit melancholischen, langgezogenen Tönen in der Dunkelheit den tiefsten Eindruck.
Nicht alle Nachtigallenmännchen singen gleich gut. Einige von ihnen sind tatsächliche Meistersänger, andere singen deutlich schlechter. Das hängt damit zusammen, dass der Gesang den jungen Vögeln nicht angeboren ist. Sie müssen ihn durch Abhören erst erlernen. Somit hängt die Qualität ihres Gesangs besonders vom Können singender Nachtigallen aus der Umgebung ab.
Die Nachtigall war bis ca. Mitte des letzten Jahrhunderts auch in unserer Stadt MG ein regelmäßiger Brutvogel. So war ihr zauberhafter Gesang u.a. im Bunten Garten, im Beller- und Schmölderpark, auf zahlreichen Friedhöfen, im Stadtwald, in verschieden Auen der Niers und sogar mitten in der Stadt auf verwilderten Flächen zu hören.
Ab der 1980er Jahre ging die Population des edlen Vogels aufgrund von veränderten Lebensräumen und des Insektenmangels insgesamt rapide zurück. Seit rd. 10 Jahren sind Brutvorkommen in unserem Stadtgebiet nicht mehr bekannt.
Umso verwunderlicher war es, dass Ende April dieses Jahres wie aus dem Nichts der wundervolle Gesang einer Nachtigall in einem kleinen Grünzug in Odenkirchen unmittelbar neben der stark befahren B 59 (Kölner Str.) zu hören war. Da sich an dieser unwirtlichen Stelle vermutlich keine Partnerin niederlassen wollte, verließ der werbende Gesangsvirtuose nach knapp zwei Wochen wieder das Revier, um an anderer Stelle sein Glück zu suchen.
Zahlreiche mundartliche Sprüche, Floskeln und Redewendungen aus früheren Zeiten belegen die damalige Bedeutung und Beliebtheit der sagenumwobenen Nachtigall. Wenn z.B. Heranwachsende, die (nach Meinung der Eltern) etwas zu spät nach Hause kamen, so hörten diese am nächsten Morgen leicht spöttisch und zugleich mahnend: Hot dech wi’er de Naitejall no Huus bränge modde? (Hat dich wieder die Nachtigall nach Hause bringen müssen?)
Text: Ludwig Winkens, 06/22
Foto: Willi Eckers
Größe | Körperlänge um die 17 cm; Gewicht ca. 22 g |
Nahrung | Vor allem Insekten, Spinnen und andere Kleintiere, die im Laub gesucht werden. |
Brut | Nest meist in Bodennähe im dichten Gebüsch; 4 – 5 braune bis olivgrüne Eier |
Vorkommen | Lebt besonders an Rändern von Laub- und Mischwäldern, in der Vegetation von Wasserläufen und in verwachsenen Parks und Gärten Mitteleuropas; überwintert im tropischen Afrika. |