Der Stieglitz

Nach seiner Vorliebe für Distelsamen wird der sehr lebhafte Stieglitz auch Distelfink genannt. Sein Lock- und Kontaktruf enthält die oft mehrfach vorgetragene Silbenfolge „stigelitt, stigelitt“, deshalb seine Namensbezeichnung Stieglitz.

 

Aufgrund seines weißen Kopfes, der kräftig roten Gesichtsmaske, dem schwarzen Nacken und Oberkopf sowie die von den schwarzen Flügeln deutlich abgesetzten gelben Flügelstreifen ist der Finkenvogel unverwechselbar.

 

Er ist in Mitteleuropa grundsätzlich überall anzutreffen, jedoch ist er nirgendwo häufig. Zur Nistzeit im späten Frühjahr ist er nur selten zu sehen. Zu dieser Zeit ist er außerordentlich vorsichtig und weiß sich meisterhaft zu verstecken. Nur sein Gesang verrät manchmal seine Anwesenheit. Mit dem Nestbau beginnt der Stieglitz in der Regel erst, wenn die Belaubung der Bäume dicht und abgeschlossen ist. Dann ist sein Nest, was sich meist in einer Astgabel eines Seitenzweiges oder hoch oben im Baum befindet, am besten vor Feinden geschützt. Aus diesem Grund scheint er auch gerne die Nähe des Menschen aufzusuchen. Wegen seiner bunten Farben, seines lustigen Gezwitschers und munteren Wesens war er früher als Stubenvogel sehr beliebt. Dabei zeigte er sich zur Belustigung seines Halters als sehr gelehrig. An der Sitzstange des Vogelbauers verknotete man zwei lange Fäden und befestigte daran jeweils einen kleinen Behälter. Ein Behälter war mit Futter und der andere mit Wasser gefüllt. Der Stieglitz lernte schnell, die kleinen Gefäße mit Schnabel und Füßen hochzuziehen, um sich zu bedienen. Deshalb nannte man den Stieglitz bei uns im Rheinland auch „et Pötterke“, weil er den Faden vergleichbar benutzte wie ein Mensch am „Pött“ (mundartlich der Brunnen) das Seil, um den Eimer hochzuziehen.

 

Wie der Stieglitz zu seinem farbenprächtigen Gefieder kam, das erzählt die Sage so: Bei der Schaffung der Vögel malte der liebe Gott alle Arten mit unterschiedlichsten Farben an. Der Stieglitz, der so geduldig und bescheiden im Hintergrund wartete, kam als letzter dran. Da waren leider nur noch Farbreste übrig. Aus jedem Farbeimer kratzte der liebe Gott die Reste zusammen und verpasst so dem Stieglitz seine wunderbare Farbenpracht.

 

Text: Ludwig Winkens, 12/21
Fotos: Bernd Hussner [1] und Willi Eckers [2, 3]

Steckbrief

Größe Kleiner als der Spatz, Körperlänge ca. 13 cm; Gewicht um 16 g
Nahrung Samen von Disteln, Löwenzahn und Laubbäumen; während der Brutzeit auch Insekten besonders für die Jungvögel.
Brut Gut getarntes dickwandiges, filziges Nest; 4 bis 6 hellblaue Eier mit rotbraunen Sprenklern.
Vorkommen Außer in Nordeuropa ein weit verbreiteter Finkenvogel, der als sog. Teilzieher in Mittel- und Südeuropa überwintert.