Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz veröffentlicht Bilanz 2022 | So viele Viererbruten wie noch nie | Sportliche und schwindelfreie Wanderfalkenschützer*innen gesucht
Den Wanderfalken in NRW bekommt der Klimawandel. So alarmierend die seit einigen Jahren kontinuierlich erreichten Temperatur-, Sonnenscheindauer- und Trockenheitsrekorde auch sind, den Wanderfalken verhelfen die zu warmen Jahre zu hohen Bruterfolgen. „Noch nie seit Beginn unserer Schutzarbeit in Nordrhein-Westfalen waren die Erfolgsparameter daher so hoch wie im vergangenen Jahr“, erklärte Michael Kladny, Sprecher der AG Wanderfalkenschutz (AGW) des NABU NRW anlässlich der in diesem Jahr wieder in Präsenz erfolgenden Tagung am 5. März in Recklinghausen. Rund 100 ehrenamtliche Wanderfalkenschützerinnen und -schützer informierten sich nach zwei Jahren Pause über die aktuelle Bestandssituation, neueste Forschungsergebnisse und Besonderheiten aus der Welt der Wanderfalken.
Und die aktuellen Zahlen sind beeindruckend: So blieb die Zahl der 265 Revierpaare zwar konstant, aber mit 502 ausgeflogenen Jungfalken stieg der Bruterfolg um 18,4% im Vergleich zum Vorjahr an. Noch nie erzielten 69 % aller festgestellten Falkenpaare einen Bruterfolg und niemals zuvor wurden Werte von 1,89 Junge/Revierpaar und 2,76 Junge/erfolgreichem Paar erreicht. Diese Spitzenwerte bewirkten dann folgerichtig auch einen Sprung von 424 ausgeflogenen Jungen im Jahre 2021 auf nun mindestens 502 Junge im abgelaufenen Jahr 2022. Ganz besonders hervorzuheben ist, dass von den 182 erfolgreichen Bruten bisher niemals erreichte 49 Viererbruten waren, welche allein 196 Junge zum Ausfliegen brachten.
So erfreulich diese Entwicklung auf der einen Seite ist, sie bringt die ehrenamtlich aktiven Beringenden der AGW an ihre Grenzen. Selbst bei dem immensen Einsatz aller Beringenden sowie schier unglaublichen Einzelleistungen ist es in der generell kurzen Beringungssaison von nur etwa sechs Wochen nicht mehr zu schaffen, so viele Jungvögel wie im früheren Maße zu beringen. „Unsere bisherige Beringungsquote von etwa 67 % über die Jahre 1995-2021 ist daher auf jetzt nur noch etwa 56 % gefallen“, konstatierte Kladny. Insbesondere fehle eine ausgewogene regionale Abdeckung.
Für die Beringung suche die AGW denn auch dringend Nachwuchs. Der sollte möglichst Schwindelfreiheit und körperliche Fitness mitbringen. Kladny: “Wir müssen uns als AG Wanderfalkenschutz in NRW weiter verjüngen und neu aufstellen, damit wir dieses große und aufwendige Projekt fortsetzen können.“ Denn dem Wanderfalken gehe es zurzeit zwar gut, aber er bleibe auf menschliche Hilfe angewiesen. Die Aktiven der AGW sind überzeugt, ohne Nisthilfen an geeigneten Standorten, das Beringen von Jungvögeln, um das Sammeln wissenschaftlicher Daten zu ermöglichen, das Bewachen von Horsten und die Bekämpfung illegaler Greifvogelverfolgung würden die Zahlen der Wanderfalken schnell wieder sinken.
Foto: NABU/CEWE/Peter Gerlach