Düsseldorf – Bereits zum achten Mal in Folge hatte der NABU NRW vom 15. Juni bis zum 15. Juli zur landesweiten Schmetterlings-Zählaktion aufgerufen. Im Fokus des vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW geförderten Projektes „Mehr Platz für Falter - Jetzt wird´s bunt!“ standen 12 Tag- und sechs Nachtfalterarten.
Trotz guter Beobachtungsbedingungen, also sonnigem Wetter mit wenig Wind, in der ersten Halbzeit, zeichnete sich schon ab, dass die Zahlen aus dem letzten Jahr nicht erreicht werden würden. Immer wieder kam die Rückfrage, wo denn die ganzen Schmetterlinge wären. In der wechselhafteren zweiten Halbzeit der Zählaktion nahmen die Beobachtungen zwar noch etwas zu, kommen aber, trotz reger Teilnahme, nicht an die Ergebnisse, von 2022 heran. Insgesamt sind rund 17.000 Beobachtungen beim NABU NRW eingegangen, nur wenig mehr als die Hälfte im Vergleich zum Vorjahr.
Den ersten Platz belegen wenig überraschend die Weißlinge mit rund 3.200 Meldungen. Mit einigem Abstand folgen auf Platz 2 und 3 Admiral und Zitronenfalter mit knapp über bzw. knapp unter 900 Beobachtungen. Auf Platz 4 landete das Große Ochsenauge (850) und auf Platz 5 und 6 der kleine Fuchs, dicht gefolgt vom Tagpfauenauge mit jeweils rund 780 Meldungen. Die Gruppe der Dickkopffalter belegt mit rund 540 Meldungen den siebten Platz, daran schließt sich auf Platz 8 die Gruppe der Bläulinge (490) an. Dieses Jahr haben es sogar zwei Nachtfalter unter die Top 10 geschafft: Die bei schwülem Wetter auch tagaktive Gammaeule belegt mit 460 Beobachtungen Platz 9 und die tagaktiven, kolibriartigen Taubenschwänzchen schaffen es mit rund 410 Meldungen auf Platz 10. Zu den außerdem gemeldeten Tagfalterarten gehören Schornsteinfeger (290), C-Falter (260), Landkärtchen (170) und Distelfalter (120). Der Weiße Schwarzaderspanner (170), der Ockergelbe Blattspanner (60), das Sechsfleck-Widderchen (40) und der Ampferspanner (10) gehören zu den Nachtfaltern.
Die Ergebnisse geben Anlass zur Sorge. „2023 ist ein außerordentlich schlechtes Schmetterlingsjahr“, kommentiert Karl-Heinz Jelinek, Schmetterlingsexperte des NABU NRW die Ergebnisse. „Der sowieso schon lange zu beobachtende Artenschwund wie auch der Rückgang der Individuenzahlen innerhalb einer Art aufgrund von Nutzungsintensivierung, Strukturverlust und Pestizideinsatz wird nun noch durch die Auswirkungen des Klimawandels verstärkt. Besonders deutlich wird dies bei Arten wie dem in den 1990ern noch häufigen Schornsteinfeger. Dieser hat seine südliche Verbreitungsgrenze im nördlichen Mittelmeerraum und verträgt Sommerhitze und Trockenheit schlecht“, erklärt Jelinek. Aber auch anpassungsfähigere Arten mit einem großen Verbreitungsgebiet suchte man in diesem Sommer teils vergeblich.
„Der dramatische Schwund der Insekten, Pflanzen und der Biodiversität insgesamt darf so nicht weitergehen!“, fordert Dr. Heide Naderer, Vorsitzende des NABU NRW. „Schutzgebiete und sensible Bereiche in NRW müssen endlich konsequent von der Pestizidnutzung ausgeschlossen werden, und auch in der Agrarlandschaft muss der Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden reduziert werden“, so Naderer weiter. Der seit Jahrzehnten immer wieder belegte Rückgang der Insekten müsse endlich die angemessene Berücksichtigung finden. Auf EU-Ebene konnte kürzlich nur mit einer knappen Mehrheit die Ablehnung des Gesetzes zur Wiederherstellung der Natur verhindert werden. Naderer: „Ein guter Schritt, auch wenn durch das Einwirken großer Lobbyverbände das Gesetz nur in abgeschwächter Form verabschiedet wurde.“ Einer Verordnung zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln stehe diese Hürde noch bevor. „Der Entwurf der Verordnung enthält viele wichtige und richtige Punkte. Bis dieser aber verabschiedet ist, müssen wir weiter dafür kämpfen, dass es hier in NRW nicht auch zu Abschwächungen kommt“, erklärte die NABU-Landeschefin.
Äußerst positiv sei aber das Engagement und das Interesse vieler Bürger*innen für den Insektenschutz zu bewerten. „Auch wenn es nicht viel zu beobachten gab, haben sich zahlreiche Menschen beteiligt und informiert. Sowohl zur Situation der Schmetterlinge, also auch zu Maßnahmen, die man im eigenen Garten umsetzen kann, um den Faltern zu helfen“, so Alina Pickart, naturschutzfachliche Leiterin des Schmetterlingsprojektes.
Ziel der Zählaktion ist es, auf die Lebensweise und -bedingungen der Schmetterlinge aufmerksam zu machen und die Mitmenschen für die heimische Artenvielfalt zu sensibilisieren. Es sollen aber auch möglichst viele Menschen motiviert werden, ihre Gärten und Balkone falterfreundlich zu gestalten. Denn in naturnahen Gärten mit den richtigen Pflanzen und Strukturen finden zahlreiche Schmetterlingsarten nicht nur Nahrung, sondern auch einen Lebensraum. Tipps und Anregungen für eine schmetterlingsfreundliche Gartengestaltung hat der NABU für alle Interessierten auf der Projekt-Internetseite unter www.platzfuerfalter.de zusammengestellt.
Die Meldungen der Schmetterlingszählaktion gingen über den NABU NRW und über die Onlineplattform des Kooperationspartners naturgucker.de ein. Wer in diesem Sommer weiterhin Schmetterlinge melden möchte, kann dies gerne über folgenden Link tun: http://www.naturgucker.de/