NABU NRW-Jahresbilanz 2022/23: Kein Klimaschutz ohne Natur- und Artenschutz

NRW verpasst gerade die Chance, Weichen für den Wald der Zukunft zu stellen | Mit über 125.000 Mitgliedern ist der NABU NRW zweitgrößter NABU-Landesverband bundesweit

 

Düsseldorf – Der NABU Nordrhein-Westfalen hat heute in Düsseldorf seinen Jahresbericht 2022/23 vorgestellt. „Trotz anhaltender, multipler Krisen ist es gelungen, den NABU NRW an die Herausforderungen der Zeit anzupassen und als starken Vorreiter für einen konsequenten Naturschutz in NRW weiter zu etablieren“, sagte Dr. Heide Naderer, Vorsitzende des Landesverbandes, anlässlich der heutigen Jahrespressekonferenz in Düsseldorf. Allzu oft drohten die überfälligen Maßnahmen für mehr und besseren Natur- und Artenschutz hinter den durch parallele Krisen ausgelösten Notwendigkeiten in Vergessenheit zu geraten. „Dabei sollten uns zwei Dinge klar sein – man kann und darf Krisen nicht gegeneinander ausspielen, sie müssen zusammen gedacht und angegangen werden“, so Naderer weiter. Dafür stehe der NABU ein.

 

„Die Menschen in Nordrhein-Westfalen wollen einen wirkungsvollen Natur- und Klimaschutz. Unsere weiter gestiegenen Mitgliedszahlen sprechen da eine deutliche Sprache“, erklärte Jonas Krause-Heiber, der zum 1. September den langjährigen Geschäftsführer des NABU NRW, Bernhard Kamp, in dieser Funktion abgelöst hat. „Mit über 125.000 Mitgliedern ist der NABU Nordrhein-Westfalen mittlerweile der zweitstärkste NABU-Landesverband bundesweit. In den letzten zehn Jahren hat sich die Mitgliederzahl nahezu verdoppelt – eine beachtliche Steigerung“, so Krause-Heiber weiter. Die wachsende Unterstützung von immer mehr Menschen sei auch als Anerkennung der vielfältigen praktischen Naturschutzarbeit und erfolgreichen Projekte der ehren- und hauptamtlichen Aktiven des NABU vor Ort zu verstehen. Das kontinuierliche Mitgliederwachstum und eine hohe Spendenbereitschaft sorgten zudem für eine solide finanzielle Basis, um den Schutz unserer Lebensgrundlagen weiter voranzubringen.

 

Naturschutzpolitisch beschäftigte den größten nordrhein-westfälischen Naturschutzverband insbesondere die anhaltende Vernachlässigung des Natur- und Artenschutzes bei den Planungen für Erneuerbare Energien in NRW. Angesichts des ohnehin schlechten Zustands der Wälder und der besonderen Rolle intakter Waldökosysteme für die biologische Vielfalt und das Klima seien die weitreichenden Öffnungen zur Nutzung der Windenergie nicht tragbar. „Der ökologische Waldumbau muss auf diesen Flächen gestärkt und nicht durch Versieglung und Fragmentierung geschwächt werden“, so Naderers eindringlicher Appell.

 

Die vielfältigen Leistungen des Waldes, beispielsweise als natürliche Kohlenstoffsenke und als Hort der Biodiversität, müssten bewahrt und gestärkt werden. Deshalb müsse die Windenergie aus Laub- und Mischwald – auch bei einem überwiegenden Nadelbaumanteil – konsequent ausgeschlossen bleiben. Ein Waldumbaukonzept, wie es eine Neuauflage des „Waldpaktes“ vorsehe, müsse deshalb den Schutz des wertvollen Ökosystems Wald zur obersten Prämisse machen. Entsprechend sei die Expertise aller Akteure aus dem ehrenamtlichen und hauptamtlichen Naturschutz dabei zu berücksichtigen. „NRW verpasst gerade die Chance, die Weichen für den Wald der Zukunft zu stellen, unter anderem auch weil staatliche Fördergelder nicht konsequent auf die Prämisse der Herstellung und den Schutz naturnaher Waldökosysteme ausgerichtet werden“, so Naderer weiter.

 

Um das Ökosystem Wald mit den vielfältigen Herausforderungen von Übernutzung und Zerschneidung zu bewahren, sieht der NABU NRW die Herstellung eines

Schutzgebietsnetzes von Wildnisentwicklungsflächen insbesondere im Staats- und Kommunalwald als essentiell an. „1,8% Prozent der Landesfläche soll für die Windkraft-Nutzung reserviert werden. Es ist naheliegend, auch der Wildnisentwicklung auf einem ähnlich großen Prozentsatz der Landesfläche den uneingeschränkten Vorrang zu geben – und zwar in großen und zusammenhängenden Gebieten. Die Naturschutzverbände fordern deshalb den langfristig gesicherten Schutz von zwei Prozent Wildnisgebieten in NRW“, erklärte die NABU-Landesvorsitzende.

 

Die Einrichtung eines zweiten Nationalparks in NRW ist hier ein wichtiger Baustein, dessen Bewerbungsverfahren in diesen Tagen bekannt gemacht werden soll. Auch hier hat der NABU NRW in den vergangenen Monaten bereits Vorarbeit geleistet und in einer gemeinsamen Studie mit dem BUND im vergangenen Jahr mögliche Flächengebiete in Nordrhein-Westfalen aufgezeigt.