An die Kinder der Stadt Mönchengladbach – bitte lesen oder vorlesen lassen.
Unsere Geschichte begann vor vielen Jahren, als Elfriede und ihre Schwägerin Gertrud den Odenkirchener Zoo besuchten, um endlich einmal besonders große Vögel aus der Nähe betrachten zu können. „Erinnerst du dich an die Erzählung unseres alten Deutschlehrers über den Kalifen mit dem Storch, der nicht lachen durfte, aber später eine Eule heiraten musste? Wie war das auch wieder? Oder an Adebar und an das komische Lied – Adebar mein Guter, bring mir einen Bruder, Adebar mein Bester, bring mir eine Schwester - oder so ähnlich?“, sagte Elfriede. „Ja, du hast recht, ich erinnere mich wieder“, antwortete Gertrud, „aber sieh mal, der große Vogel da hinten scheint uns zu beobachten“. „Wer, der Graue?“, „Nein der andere, der mit dem langen roten Schnabel“. Und in der Tat, mit großem Interesse belauschte unser Storch das Gespräch zwischen Gertrud und Elfriede und, neugierig wie er war und ist, kam er immer näher. „Was reden die Beiden da?“, fragte sich der Storch, „ich soll den Eltern ihre Kinder bringen, dem Bruder eine Schwester und der Schwester einen Bruder. Was für ein Unsinn. Und Adebar soll ich heißen? Was für ein komischer Name. Niemand heißt hier Adebar“.
Der Storch beschloss, das eben Gehörte zu erforschen und machte sich auf den Weg zu den Menschen. Am anderen Morgen früh noch vor Sonnenaufgang flog er fort. Das mag nun schon zwanzig Jahre her sein. Seit dieser Zeit wandert er auf seinen Flügeln quer durch Europa von Norden nach Süden und von Westen nach Osten. Aus der Höhe so kurz unter den Wolken sah er sehr viel Schönes, aber leider auch sehr Trauriges. Er sah verbrannte Wälder, überflutete Landschaften und zerstörte Städte. „Warum brauchen die Menschen so viel Platz? “, dachte der Storch, „warum sind sie so klug, mir einen Namen geben zu wollen, aber warum sind sie nicht klug genug, mit ihren Nachbarn und uns Tieren friedlich zusammenzuleben? Ob sie nicht an die Zukunft ihrer Kinder denken?“, grübelte der Storch.
Einst stand er in den Abendstunden eines späten Wintertags vor dem Haus einer jungen Familie in Beckrath, die sich gerade über ihr kleines Baby freute. Monate später half er in der Nähe der Stadt Bialystok bei der Heuernte und erinnerte sich mit Wehmut an die vielen Jahre, die er in der Gegend um Sarny verbrachte, als dort noch friedlich geerntet werden konnte. Um die trüben Gedanken zu verscheuchen, flog er weiter nach Litauen, besuchte die Städte Kupischken und Rokischken und spielte auf dem Marktplatz mit den Kindern Nachlaufen. „Die Kinder machen mir Mut“, dachte der Storch, „ich wage es, in das kalte Schweden zu fliegen“. Vielleicht kann mir hier jemand verraten, warum ich Adebar heißen soll. So manches Jahr tanzte der Storch beim Mitsommerfest mit den Kindern von Strömnäs und Forsnäset, aß Heringe mit Sauerrahm, bis es ihm im Norden zu kalt und zu neblig wurde. Um seine kalten Füße aufzuwärmen, flog er fort nach Fokaloto in Griechenland, beschloss aber schon nach wenigen Tagen seine Forschungsarbeiten fortzusetzen.
Unser Storch segelte über Italien, überflog die Alpen, machte eine kurze Pause in Schlettstadt und erreichte die französische Hauptstadt Paris, wo er auf der Spitze des Eiffelturms übernachten wollte, nicht sehr gemütlich aber ruhig. Als Frühaufsteher nutzte er den neuen Morgen für die Weiterreise nach Oxford. Pünktlich kam er an und landete auf dem Tom Tower, um die gelehrten Leute der berühmten Universität nach seinem Namen zu fragen. Mit dem besten Englisch, welches er mit seinem großen Schnabel klappern konnte, rief er, „ Los aufstehen, ihr klugen Leute, ich habe schon gefrühstückt, aber ihr habt noch nicht einmal eure Zähne geputzt. Schlagt eure Bücher auf und startet eure Computer. Warum soll ich Adebar heißen?“
Aber niemand wusste es. „Schade“, dachte der Storch, „aber ich habe eine gute Idee. Ich fliege zurück und frage die Gladbacher Kinder“. Und in Absprache mit dem Storch fragen wir:
- Wer denkt sich für den einsamen Storch einen schönen Namen aus (aber nicht Adebar)?
- Wer malt ein schönes Bild, das dem einsamen Storch ähnlich sieht?
- Wer erfindet eine Geschichte über den einsamen Storch, die so wahr sein darf wie die Geschichte, die gerade erzählt wurde?
Macht mit bei unserem großen Preisausschreiben! Es gibt tolle Preise zu gewinnen!
(Übrigens: die genannten Orte gibt es wirklich. Vielleicht habt ihr Lust, sie auf einer Landkarte zu suchen. Und die Geschichte vom Storch, der nicht lachen dufte, wurde wirklich erzählt. Der Dichter Wilhelm Hauff schrieb sie vor mehr als zweihundert Jahren in sein dickes Märchenbuch.)
Illustrationen: Caroline Dormans