Der Bluthänfling

Der Bluthänfling, kurz Hänfling genannt, gehört zu den großen Verlierern unserer heimischen Vogelwelt. Kaum eine andere Vogelart verzeichnet in den letzten Jahren derart erschreckende und kontinuierliche Rückgänge wie der Hänfling, so dass sein Bestand in vielen Regionen als gefährdet gilt; leider auch bei uns.

 

Die großflächigen Zersiedelungen ganzer Landstriche, Flächenfraß sowie unsere industrialisierte Landwirtschaft haben zur Folge, dass der Hänfling weder genügend Nahrung noch ausreichend Brutmöglichkeiten findet. Noch kurz vor der Jahrtausendwende war der Hänfling bei uns ein regelmäßiger und häufiger Brutvogel, ja sogar ein sog. Allerweltsvogel. Heute ist der Hänfling vermutlich den allermeisten Menschen nicht einmal mehr bekannt; allenfalls noch der Spruch „schmal wie ein Hänfling.“

 

In unserer Gegend sind Hänflinge gelegentlich noch im Rheindahlener Land zu beobachten, häufiger aber im Tagebauvorfeld bzw. auf den rekultivierten Flächen ehemaliger Tagebaue wegen der dort vielfach vorhandenen Gehölzstreifen.

Der Hänfling, der zur Familie der Finken gehört, war ursprünglich ein Steppenvogel. Man kann das jetzt noch daran erkennen, dass er bei Gefahr nicht wie die meisten Vögel ins Gebüsch flüchtet und dort Deckung sucht, sondern ins Weite flieht. Sein Name verrät seine Lieblingsspeise; Hanfsamen. Im südlichen Niederrhein nannte man den Finkenvogel früher auch „Vlaasfenk“ (Flachsfink) oder „Linvenk“ (lin = Flachs), weil er auch eine Vorliebe für Flachssamen hat. Der Gesang der Hänflinge ist sehr abwechslungsreich, wohlklingend, trillernd und zwitschernd, der in flottem Tempo vorgetragen wird. Der Hänfling ist unter den Finkenvögeln der beste Sänger. Nach der Brutzeit ziehen Hänflinge in Familientrupps umher. Im Winter schließen sie sich gerne zu größeren Schwärmen mit unterschiedlichen Finkenarten zusammen.

Dass der Hänfling früher nicht nur wegen seines Gesanges ein beliebter Stubenvogel war, das wissen wir von unserem Tiervater Alfred Brehm. In einem seiner Bücher schrieb er Mitte des vorletzten Jahrhunderts: „Mit Recht gilt der Hänfling als einer der beliebtesten Stubenvögel. Er ist anspruchslos wie wenige andere, befreundet sich nach kurzer Gefangenschaft innig mit seinem Gebieter und singt fleißig und eifrig fast das ganze Jahr hindurch. Im Zimmer echter Liebhaber fehlt er selten.“

 

Text: Ludwig Winkens, 08/20

Fotos: Willi Eckers

Steckbrief

Größe Kleiner als der Haussperling, Körperlänge ca. 13 cm; Gewicht unter 20 g
Gefieder Männchen im Prachtkleid mit kräftigem Rot auf Stirn und Brust, Mantel braun, ungestreift. Weibchen schwach bräunlich gestreift.
Nahrung Samen von krautigen Pflanzen und Bäumen, kleine Insekten.
Vorkommen Offene Kulturlandschaft mit Hecken und Gehölzen, Friedhöfe, Parks und Gärten, häufig an Dorfrändern.