Der zierliche, kleine Gelbspötter war früher bei uns ein regelmäßiger Brutvogel in großen Gärten, unterholzreichen Parks sowie in Auen- und Laubwäldern. Inzwischen ist der Zugvogel hier am Niederrhein nur noch unregelmäßig anzutreffen und besonders selten in unseren Gärten.
Frühere volkstümliche Bezeichnungen wie Gartenspötter und Gartenlaubvogel deuten bereits darauf hin, dass dieser Vogel einst zum festen Bestand unserer damaligen Gärten gehörte. Wie bei vielen anderen Singvögeln auch, sind Insektenschwund sowie zunehmende Veränderungen der heutigen Gärten Hauptursache seines Populationsrückganges. Sterile Schottergärten, Kirschlorbeer, Thuja und andere nichteinheimische Gewächse werden als Lebensgrundlage vom Gelbspötter wie auch von zahlreichen anderen Singvögeln und Insekten kaum oder gar nicht angenommen. Dagegen sind einheimische Hecken, Pflanzen und Gehölze eine wichtige Basis ihrer Existenz.
Seine weitere frühere volkstümliche Bezeichnung „Sprachmeister“ weist auf seinen hervorragenden Gesang in zweifacher Hinsicht recht gut hin. Einmal versteht er es meisterhaft, als Spötter zu spotten, also fremde Vogelstimmen in seinen Vortrag einzuflechten. Zum anderen ist er einer der besten Sänger unserer Vogelwelt. Sein schallendes Lied, was fast den ganzen Tag über zu hören ist, setzt sich aus flötenden und zwitschernden Tönen zusammen. Seine immer wieder eingeflochtenen Rufe, die sich anhören wie „diteroi, diteroi“ sowie „tetetwie, tetetwie“ übersetzte einst der Volksmund mit „iich bin das Geniiie, iich bin das Geniiie.“ So laut und auffallend der Gesang auch ist, zu sehen bekommt man den kleinen Sänger nur selten und nur mit viel Geduld. Er hält sich meistens gut verborgen im dichten Blätterbereich kleiner Bäume auf.
Nicht nur der Gesang des unscheinbaren Vögelchens ist ein Superlativ unserer heimischen Natur. Auch das Nest des Gelbspötters gehört zum Schönsten, was Vögel bei uns produzieren. Der Bau selbst ist ein äußerst kunstvoll und von beiden Partnern fest errichtetes Nest aus trockenen Gräsern, Würzelchen, Moostücken sowie Spinnweben geflochten und zur Tarnung oben mit weißen Birkenrindenstreifen geschmückt. Die Zweige, an denen das Nest befestigt ist, sind fest in die Nestwände eingebaut.
Text: Ludwig Winkens, 07/24
Fotos: Dr. Klaus Schimanski
Größe | Länge ca. 13 cm; Gewicht um 12 g (kleiner und schlanker als der Haussperling) |
Vorkommen | Der Zugvogel kommt von Mai bis August überwiegend in Mittel- und Osteuropa sowie in Südskandinavien vor. Den Winter verbringt er in Zentral- oder Südafrika, also 6.000 bis 10.000 km südlicher. |
Nahrung | Verschiedene Insekten, deren Larven, Spinnen und gelegentlich Beeren |
Brut | 4 bis 5 rosafarbene, braungefleckte Eier, die von beiden Eltern bebrütet werden. |
Sonstiges | Imitiert als sog. Spötter viele andere Vogelarten, z.B. Amsel, Star, Wachholderdrossel, Rauchschwalbe, Blaumeise, Buchfink, Pirol, Buntspecht u.a.m. |