Die Dorngrasmücke

Die Bezeichnung deutet bereits auf den speziellen Lebensraum der sehr lebhaften und immer rastlos wirkenden Dorngrasmücke hin. Die bei uns am Niederrhein nur noch spärlich vorkommende Dorngrasmücke bevorzugt dorniges Gestrüpp an Feldrainen, Waldrändern, Bahndämmen und Straßenböschungen. In stark verwilderten großen Gärten und Parks ist sie ebenfalls hin und wieder anzutreffen.

 

Einst zählte sie zu den häufigen Brutvögeln des Rheinlandes. Nur wenige andere heimische Singvögel haben einen derartigen Rückgang zu verzeichnen wie die Dorngrasmücke. Der Insektenschwund ist ein Grund für ihre starke Reduktion, aber auch die Flurbereinigungen ab der 1950iger Jahre mit den entstandenen Kultur- und Agrarsteppen. Außerdem verschwanden an Dorf- und Stadträndern immer mehr unsere einst üblichen Gartenhecken, die überwiegend aus Weißdorn, Hainbuche und Liguster bestanden.

 

Optisch unterscheidet sich die Dorngrasmücke von den anderen drei heimischen Grasmückenarten durch ihre rostbraunen Flügelsäume und ihre weiße Kehle. Ein weiterer Gegensatz ist ihr recht anspruchsloser Gesang. Dieser wird auch nicht wie von den anderen drei Arten im dichten Gebüsch vorgetragen, sondern in der Regel frei sichtbar von einem Gehölz aus. Besonders beeindruckend zeigt sich gelegentlich das Männchen, wenn es sich singend ziemlich hoch in die Luft erhebt und dann in Etappen sinkend wieder in sein Versteck zurückkehrt.

 

Der damals allseits bekannte Singvogel wurde bei uns allenthalben die „Tatsch“ genannt (mundartl. Bezeichnung für ein geschwätziges Weib, was mit der Arbeit nicht fertig wird). Wolltatsch war eine weitere volkstümliche Bezeichnung, weil diese Grasmücke zum Innenausbau ihres Nestes gerne die wolligen Blüten von Weiden und Pappeln benutzt. Weitere gelegentliche Bezeichnungen waren Weißkehlchen und Staudenschwätzer sowie Kuckucksamme, da Dorngrasmücken vom Kuckuck gerne als Wirtsvogel benutzt werden

 

Text: Ludwig Winkens, 08/24

Fotos: Willi Eckers

Steckbrief

Größe Etwas kleiner und schlanker als der Haussperling; Körperlänge 14 cm;
Gewicht um 14 g
Nahrung Vor allem Insekten, aber auch Beeren und Früchte.
Vorkommen Bis auf die nördlichsten Teile Skandinaviens in ganz Europa verbreitet.
Brut Das Nest befindet sich im dichtesten Gebüsch; 4 bis 6 grünliche Eier mit braunen Flecken.